Arbeitgeberlexikon
Lohnwucher
Das Bundesarbeitsgericht hat ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreicht (BAG 22. April 2009 - 5 AZR 436/08; BAG 18.04.2012 - 5 AZR 630/10).
Auf eine Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrages oder Mitgliedschaft bei einer Tarifvertragspartei kommt es nicht an.
Im konkreten Fall war die Klägerin seit 1992 in dem Gartenbaubetrieb des Beklagten bei Hamburg als ungelernte Hilfskraft beschäftigt. Sie erhielt einen Stundenlohn von 6,00 DM netto, ab 1. Januar 2002 3,25 Euro netto. Die Parteien sind nicht tarifgebunden. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin für die Zeit von Dezember 1999 bis Mai 2002 unter dem Gesichtspunkt des Lohnwuchers eine Nachzahlung von knapp 37.000,00 Euro auf der Basis der tariflichen Vergütung. Der tarifliche Stundenlohn betrug insoweit zwischen 14,77 DM brutto und 7,84 Euro brutto. Die Klägerin arbeitete monatlich bis zu 352 Stunden.
Maßgebend ist der Vergleich mit der tariflichen Stunden- oder Monatsvergütung ohne Zulagen und Zuschläge, wobei auch die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen sind. Eine bei Abschluss des Arbeitsvertrags danach nicht zu beanstandende Vergütung kann durch die Entwicklung des Tariflohns wucherisch werden. Die Klage war in den Vorinstanzen unter Berücksichtigung der der Klägerin eingeräumten Sachleistungen, insbesondere einer Wohngelegenheit auf dem Betriebsgelände, erfolglos. Auch unter Einbeziehung der Sachbezüge betrug die gezahlte Stundenvergütung im Klagezeitraum weniger als 2/3 der tariflichen Stundenvergütung. Die Gesamtumstände, insbesondere die gesetzwidrig hohen und zudem unregelmäßigen Arbeitszeiten verdeutlichen die Ausbeutung der Klägerin. Allerdings hat das LAG weder die Üblichkeit des Lohns in den Gartenbaubetrieben der Region noch die Kenntnis des Beklagten vom Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen ausdrücklich festgestellt. Das BAG hat das Urteil des LAG aufgehoben und den Fall zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurückverwiesen.
In einem anderen Urteil wird Sittenwidrigkeit bereits bei einer Abweichung von 25 % erörtert (BAG 26.4.2006 - 5 AZR 549/05).
Bei Ausbildungsverhältnissen ist die Angemessenheit der vereinbarten Vergütung ist auch dann ausgeschlossen, wenn sie die im Berufsbildungsgesetz festgelegte Mindestvergütung nicht unterschreitet, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 % unterschreitet (vgl. § 17 Absatz 2 Berufsbildungsgesetz).
Soweit ein Tarifvertrag nicht existiert, ist die ortsübliche Vergütung zu ermitteln. Diese bemisst sich nach den Entgelten für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen in gleichen oder ähnlichen Gewerben oder Berufen am betreffenden Ort unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Berechtigten (Lebensalter, Berufserfahrung, Familienstand und Kinderanzahl).
Nach dem sozialversicherungsrechtlichen Entstehungsprinzip entstehen die Beitragsansprüche der Versicherungsträger, mit Ausnahme von Einmalzahlungen und Arbeitsentgelt, das aus Arbeitszeitguthaben abgeleiteten Entgeltguthaben errechnet wird, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, also regelmäßig sobald der Arbeitnehmer den Anspruch erlangt hat (vgl. § 22 I SGB IV).
Finanziell besonders unangenehm wird dies, falls bei geringfügig Beschäftigten die Verdienstgrenze, derzeit 520 € pro Monat, überschritten wird.
Ist der vereinbarte Lohn wegen Lohnwuchers sittenwidrig und damit nichtig, so werden die Sozial- und Rentenversicherungsbeiträge nach dem höheren Tariflohn berechnet (vgl. BSG Urteil vom 14.07.2004 - B 12 KR 1/04 R). Bei einer Sozialversicherungsprüfung können die Beiträge durch die Rentenversicherung nachgefordert werden.
Eine Wucherlohnvereinbarung ist nach § 138 Bürgerliches Gesetzbuch nichtig. Stattdessen wird die übliche Vergütung geschuldet.
Lohnwucher ist nach § 291 StGB strafbar.
Das Vorenthalten von Sozialversicherungsentgelte ist nach § 266a StGB strafbar.
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Das Bundesarbeitsgericht hat ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreicht.
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